Neue Westfalische Bielefeld am 29. November 2016
Krimi holt IS-Terror nach OWL
Der Gefährder: Autor Rolf Düfelmeyer hat seinen vierten Bielefeld-Krimi veröffentlicht.
Darin macht er radikalisierte Salafisten und zwielichtige V-Männer zum Thema
Von Jens Reichenbach
Bielefeld/Werther. Frank Sommer ist erfahrener Leiter der Bielefelder Mordkommission und der Held der vier Bielefeld-Krimis von Autor Rolf Düfelmeyer. In seinem vierten und neuesten Fall, „Der Gefährder“, wird Sommer von seiner Vergangenheit eingeholt. Vor acht Jahren hatte er als Ermittler in Köln den Sohn eines Mafia-Bosses erschossen. Als der Vater sieben Jahre später aus dem Gefängnis kommt, sinnt der auf Rache. Tatsächlich: Unbekannte entführen im Dornberger Forellenweg Sommers Frau Angelika. Schnell versuchen Sommer und seine Ermittlerkollegen dem Mafiosi das Handwerk zu legen. Doch plötzlich taucht ein Video auf, auf dem IS-Kämpfer die Entlassung eines kürzlich erst verhafteten Terroristen fordern. Der Fall entwickelt sich in eine ganz andere, ungeahnte Richtung.
Autor Rolf Düfelmeyer, Religionslehrer und Pfarrer a. D., hat sich für seinen neuesten Krimi einer sehr aktuellen Entwicklung auch in OWL bedient. Denn er greift für seine fiktive Geschichte die tatsächlich existierende Salafistenszene in Herford auf, die von Staats- und Verfassungsschutz beobachtet wird, und aus deren Reihen bereits einige radikalisierte Männer aus Bielefeld und Herford für den IS in den Krieg gezogen sind. Vier dieser Terrorverdächtigen warten nach ihrer Rückkehr inzwischen in der JVA Bielefeld auf ihr Urteil.
Der ehemalige Pfarrer holt in „Der Gefährder“ den Terror des Islamischen Staates „in die ostwestfälische Provinz“, wie er selbst schreibt.
Passt so ein politisch, brisantes Thema überhaupt in einen Regionalkrimi? „Unbedingt“, sagt Düfelmeyer. Er wollte keinen Regionalkrimi im eigentlichen Sinne schreiben: „Viele normale Krimis werden nur noch brutaler, das finde ich zunehmend belanglos. Ich möchte in meinen Krimis aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreifen.“ Ein Verlag hatte das Buch des Wertheraners sogar abgelehnt, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass im beschaulichen Herford eine Terrorzelle losschlägt.
Da waren die Anschläge von München, Ansbach und Würzburg auch noch nicht passiert. „Ich wurde von der Entwicklung der Ereignisse sozusagen überholt“, sagt Düfelmeyer. „Mehr und mehr wird uns bewusst, dass die Krisen dieser Welt nicht irgendwo da draußen stattfinden, sondern direkt vor unserer Haustür.“ Doch damit nicht genug für den Autoren: Eine wichtige Rolle in dem Fall spielt ein Detmolder Neonazi, der nach einem Molotow-Anschlag auf ein Flüchtlingsheim vom Verfassungsschutz als V-Mann angeworben wird, Informationen aus der Salafistenszene zu gewinnen. Denn Auslöser für Düfelmeyers Buch war die Lektüre von Irfan Pecis Sachbuch „Der Dschihadist – Terror made in Germany“, der von seiner Radikalisierung erzählt und wie er nach seiner Verhaftung als VMann zur Trumpfkarte gegen den islamistischen Terrorismus wurde.
Als Experte für die Bekämpfung islamistischer Bedrohungen stand dem Autor zudem noch Ulrich Buchalla zur Seite, der 14 Jahre lang Kommissariatsleiter beim Bielefelder Staatsschutz im Polizeipräsidium war. Trotzdem liegen zwischen der Realität Buchallas und dem Krimiplot Welten: „Das war so gewollt. Das ist ja auch ein Krimi und kein Sachbericht.“ Düfelmeyer ist mit dem Krimi „Der Gefährder“ ein dichtes, spannendes und aktuelles Buch mit realistischen Bezügen gelungen. Ein reiner Bielefeld-Krimi ist es sicher nicht. Große Teile spielen in Herford.
„Der Gefährder“, Rolf Düfelmeyer, ist Ende Oktober im Prolibris-Verlag erschienen,
ISBN 978-3-95475-134-1.
Haller Kreisblatt, Donnerstag, 3. November 2016
Als der Terror in die Provinz kam
Der Gefährder: Rolf Düfelmeyer aus Werther stellt seinen neuen Krimi vor.
Und der ist an Brisanz und Aktualität kaum zu überbieten
Von Anja Hanneforth
Flammen schlagen aus einem Flüchtlingsheim im Teutoburger Wald. Die Polizei nimmt zwei Attentäter fest. Einer verrät den Anführer. Der kommt mit einer geringen Strafe davon, wird stattdessen vom Verfassungsschutz angeworben und als V-Mann in die Dschihadisten-Szene eingeschleust. Hier benutzt er seine neuen „Freunde“ zu ganz eigenen Zwecken. „Kollegen, das ist ernster als wir dachten. Der Terror ist angekommen in unserer ostwestfälischen Provinz", muss Hauptkommissar Frank Sommer, Ermittler bei der Bielefelder Mordkommission, feststellen; nicht ahnend, dass er selbst ins Visier eines skrupellosen Verbrechers geraten ist.- So beginnt der neueste Roman des Wertheraners Rolf Düfelmeyer. „Der Gefährder“ heißt er. Ein Krimi, der es in sich hat.
Darf man in so politisch angespannten Zeiten wie diesen einen Krimi über derart brisante Themen schreiben? ,,Unbedingt", sagt Rolf Düfelmeyer. Er sei Regionalkrimis, die sich nur mit Belanglosigkeiten beschäftigen, leid. Mit seinem vierten Buch will der Wertheraner nicht einfach einen unwahrscheinlichen Mordfall beschreiben, der dann mehr oder minder intelligent aufgeklärt wird, er will den Nerv der Leser treffen. Was ihm mit „Der Gefährder“ gelungen ist. Und dem Autor ist sehr wohl bewusst, dass er sich auf dünnes Eis begibt. Er hofft auf positive Rückmeldungen seiner Leserschaft, weiß aber, dass es auch kritische Stimmen geben kann.
Anfang 2015 hatte Düfelmeyer die Idee, derart brisante Themen in einem Kriminalroman abzubilden. Da waren die Anschläge von Paris, Brüssel und München noch gar nicht geschehen. Allerdings ist der langjährige Pfarrer und Religionslehrer ein politischer Mensch, der genau verfolgt, was auf dieser Welt passiert. „Und es passiert nicht nur irgendwo, es passiert vor unserer Haustür", erinnert er an den Sprengstoffanschlag von Ansbach im Juli oder den Brandanschlag von Döbeln im Oktober.
„Stadt oder Land, Metropole oder Provinz, alle sind von den Umwälzungen und Gefährdungen der Gegenwart betroffen", sagt Düfelmeyer. Das mache die Anschläge so unberechenbar. Dabei sind für ihn die Ursachen von Extremismus immer ähnlich und sogar nachvollziehbar: „Menschen kommen in der Gesellschaft nicht zurecht. Vielleicht strengen sie sich an, aber immer wieder werden ihnen Steine in den Weg gelegt. Das macht wütend, und diese Wut entlädt sich irgendwann.“
Wie er seinen Plot aufbauen und die verschiedenen Geschichten miteinander verweben sollte, darüber hat Düfelmeyer lange nachgedacht. „Dieses Buch hat deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als meine drei Bücher zuvor“, erzählt er. Schon die Frage, mit welcher Szene das Buch beginnen soll, habe ihn sehr beschäftigt. Etwa ein Jahr, schätzt er, habe er an den 260 Seiten geschrieben.
Intensive Recherchen gingen dem voraus. Eine Haller Strafrechtlerin hat ihm beratend zur Seite gestanden, ebenso der Wertheraner Kriminalhauptkommissar a.D. Ulrich Buchalla, bis zu Beginn dieses Jahres Leiter des Ersten Staatsschutzkommissariats in Bielefeld und damit zuständig für islamistisch Bedrohungen. „Das hilft natürlich sehr, gerade, wenn es um Fakten und Detailwissen geht“, so Düfelmeyer. Allerdings habe er einen fiktiven Krimi schreiben wollen, und der müsse zunächst einmal spannend sein. Und das Ende? „Dass der Roman so enden würde, wie er endet, hatte ich am Anfang selbst nicht gedacht“, sagt er augenzwinkernd. Mehr will er an Dieser Stelle aber nicht verraten.
Nach dem Buch war bei Rolf Düfelmeyer bisher auch immer vor dem Buch. Gibt es also einen fünften Fall für seinen ermittelnden Kommissar Sommer, oder realisiert er sein lang gehegtes Vorhaben nach einem historischen Buch? „Kann ich noch nicht sagen. Jetzt muss ich erst einmal den „Gefährder“ sacken lassen. Danach sehen wir weiter.“